Deutscher Radiopreis 2019: Udo Lindenberg im Porträt

Udo Lindenberg: "Radio war mein Fenster zur Welt!"

Was bleibt für einen Künstler noch zu tun, wenn ihm schon die ersten Preise für das Lebenswerk verliehen werden? Wenn die Heimatstadt schon einen Platz nach ihm benennt? Und wenn der Stern des Erfolgs schon seit Jahren Hamburgs Partymeile, die Reeperbahn ziert? Richtig: die Zugabe.

Im Alter noch kreativer und erfolgreicher

Musiker Udo Lindenberg © Warner Music / Tine Acke Foto: Tine Acke

Seit mehr als zehn Jahren ist Udo Lindenberg auf Erfolgskurs.

Im Fall von Udo Lindenberg dauert diese Zugabe nun schon mehr als zehn Jahre und ist sogar noch erfolgreicher als die lange Karriere zuvor. Seit 2008 gibt es für den Mann mit dem Schlapphut und der dunklen Sonnenbrille offenbar kein Halten mehr. Mit "Stark wie zwei" überraschte Udo Lindenberg damals Fans wie Kritiker - und vielleicht sogar sich selbst. Das erste Album mit neuen Songs seit Jahren bescherte dem Panikpräsidenten damals seine erste Platzierung an der Spitze der Albumcharts überhaupt - 35 Jahre nach seinem Durchbruch. Das Folgealbum "Stärker als die Zeit" von 2016 traf genauso den Nerv der Fans wie die beiden Akustik-Alben, die Udo Lindenberg für MTV aufnahm. Kein Album der MTV-Unplugged-Reihe verkaufte sich in Deutschland bisher häufiger als "Live aus dem Hotel Atlantic" von 2011. Die Neuaufnahme von "Cello", an der Seite von Clueso, wurde Lindesbergs erfolgreichste Single überhaupt.

"Erweckungserlebnis" vor dem Radio

Kritiker feiern Udo Lindenberg mal als "Papa Rock" (Die Welt), mal als "nuschelnde Nachtigall" (Die Zeit) oder huldigen ihm als "einziges Original der deutschen Rockmusik" (FAZ). Sicher ist, dass Udo Lindenberg 1973 - noch ohne Schlapphut - mit "Andrea Doria" einiges in Bewegung setzte. Er brachte deutsche Texte mit Rock unter einen Hut und wurde so zum Wegbereiter für andere Künstler. Auslöser dafür war das Radio. Rückblickend spricht Udo Lindenberg von einem Erweckungserlebnis, das er in den frühen 1960er-Jahren hatte: "Radio war mein erstes Fenster zur Welt. Da war ich noch ein kleiner Zwerg in Gronau. Da gab es eine Sendung mit moderner Musik mit Chris Howland. Und der brachte dann die neuen Songs aus London und den USA", erinnert sich Udo Lindenberg im Interview für den Deutschen Radiopreis. "Bis dahin hatte ich nur Operetten und Schlagerzeug gehört. Ich habe die Texte nicht verstanden, aber die Message, den Aufbruch. Gesunde Unruhe machen!"

Udo Lindenberg während seines Auftritts am 25. Oktober 1983 im Palast der Republik in Ost-Berlin © BStU

1983 tritt Udo Lindenberg bei einer FDJ-Veranstaltung in Ost-Berlin auf.

Eine Message, die sich Udo Lindenberg zur Aufgabe machte. Bis heute nimmt der "Klartext-Rocker", wie sich Lindenberg selbst bezeichnet, in seinen Songs Stellung zu Umweltthemen, zur Friedensbewegung und gegen Rechts. Auch bemühte er sich seit Anfang der 1980er-Jahre hartnäckig bei Erich Honecker um einen Auftritt in der DDR. Auch wenn aus der geplanten Tour bis zur Wende nichts wurde, so brachte der "Sonderzug nach Pankow" Udo Lindenberg 1983 zumindest zu einem Kurzauftritt im Ost-Berliner Palast der Republik. Für seine Bemühungen um die Verständigung zwischen Ost und West wurde Udo Lindenberg noch vor der Einheit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Künstler

Udo Lindenberg: Eine Karriere in Bildern

Kultfigur, Pop-Ikone und Idol

Mit 36 Studioalben hat Udo Lindenberg nicht nur seinen eigenwilligen Gesang und seinen Wortwitz zum Markenzeichen gemacht, sondern auch einen regelrechten Kult um seine Person geschaffen, der alle Alkohol- und Karriere-Tiefen unbeschadet überstanden hat. Ein Live-Auftritt ohne die grünen Glückssocken ist ebenso undenkbar wie Lindenberg ohne Hut. Und jeder Hamburg-Besucher erfährt bei Stadtrundfahrten, dass im weißen Hotel an der Alster Udo Lindenberg wohnt. Längst reicht der Kult über die Musik hinaus. Auch als Komponist, Schriftsteller, Filmemacher und Maler macht Udo Lindenberg von sich reden. Seine Likörelle, Zeichnungen mit Farben aus Eierlikör oder Blue Curaçao, hängen zum Beispiel im Bundeskanzleramt und im Haus der Geschichte in Bonn. Selbst als Briefmarke ging Lindenbergs Schlapphut-Alter-Ego mit Cocktail-Glas und Zigarre schon auf Reisen.

Wie groß die Strahlkraft des Kultrockers über alle Alters- und Genregrenzen ist, zeigt auch die Liste der Gastmusiker, die mit Udo Lindenberg seit 2008 auf der Bühne standen. Unter ihnen finden sich ehemalige Weggefährten wie Otto Waalkes, musikalische Ausnahmetalente wie Helge Schneider, Hamburger Kollegen wie Jan Delay und angesagte junge Künstler von Clueso über Marteria bis Gentleman und Andreas Bourani. Selbst "Tatort"-Kommissarin Maria Furtwängler nahm mit Lindenberg ein Duett auf.

Wiedersehen beim Deutschen Radiopreis

Udo Lindenberg, Preisträger in der Kategorie "Sonderpreis Musik", posiert mit Laudator Frank Elstner vor einer Fotowand im Schuppen 52 in Hamburg. © NDR

Frank Elstner überreichte Udo Lindenberg 2012 den Radiopreis.

Inzwischen hat das westfälische Gronau auf besagtem Udo-Lindenberg-Platz sogar ein Denkmal aufgestellt und den Kultrocker zum Ehrenbürger gemacht. In einer Kleinstadt in Unterfranken lernen Kinder und Jugendliche an der Udo-Lindenberg-Schule. Und seit 2012 ziert der Deutsche Radiopreis die Sammlung des Multitalents. Der Radiopreis-Beirat zeichnete Udo Lindenberg für sein musikalisches Lebenswerk aus: "Kreativ, immer wieder neu und immer glaubwürdig, das deutsche Radio verneigt sich vor dem 'Mann mit dem Hut'", hieß es in der Laudatio. Sieben Jahre später macht Udo Lindenberg noch immer "sein Ding". Am 25. September ist der legendäre Panikrocker wieder zu Gast beim Deutschen Radiopreis - dann mit der neuen Single "Niemals dran gezweifelt" - der Soundtrack zum Film über den jungen Lindenberg. Mitte Januar kommt der Film in die Kinos. Die Zugabe, sie geht also weiter!

Stand: 25.09.19 23:00 Uhr